Fokus Jugendamt – Partizipativer Wissenstransfer zu Kooperation, Hilfeplanung und Schutzkonzepten in der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe - FokusJA

Verbundvorhaben

Sexualisierte Gewalt ist eine spezifische Herausforderung im Kinderschutz, deren Bearbeitung entsprechende Kompetenzen, Qualifikationen und Strukturen erfordert. Vor dem Hintergrund von mehreren, in den letzten Jahren öffentlich intensiv thematisierten, Fällen von sexualisierter Gewalt gegen Kinder, insbesondere Staufen, Lügde und Münster sind hier zu nennen (Fegert, Schepker 2020), sind die Vorgehensweisen der jeweiligen Jugendämter sowie die Rolle des Jugendamtes insgesamt kritisiert und hinterfragt worden (Balloff 2018). Gleichwohl liegen bislang kaum Forschungsergebnisse für den Kontext sexualisierte Gewalt und Jugendamt vor. Das Verbundvorhaben FokusJA der Hochschule Hannover und der Universitäten Münster und Hildesheim widmet sich diesem Desiderat und greift die besondere Rolle des Jugendamtes als Ort der Bearbeitung von sexualisierter Gewalt mit einem Forschungs- und Transferansatz auf. Dafür werden die Kernthemen Qualifizierung, Kooperation, Hilfeplanung und Schutzkonzepte adressiert und durch die Verbundstandorte jeweils empirisch untersucht. Ziel des Forschungsverbundes ist es, professionelle Herausforderungen im Kontext der Bearbeitung von Fällen mit Bezug zu sexualisierter Gewalt zu identifizieren und somit Spezifika der Hilfeplanung in Fällen sexualisierter Gewalt, Gelingensbedingungen von Kooperation sowie Fragen der entsprechenden Qualifizierung aufzuzeigen. Die Schlüsselstellung des Jugendamtes im Kontext der Be- und Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt soll partizipativ und kooperativ mit Praxispartner*innen systematisch gestärkt werden.

Auf Basis der Forschungsergebnisse erfolgt die Umsetzung des Praxistransfers durch einander ergänzende Formate: Entwicklung von Fortbildungsmodulen, Erarbeitung eines Qualifizierungsschemas zur Gestaltung der Hilfeplanung, Formulierung von Qualitätsstandards für die Entwicklung und Implementierung von Schutzkonzepten. Zur Dissemination der Projektergebnisse in Wissenschaft und Praxis werden u.a. eine Transfertagung gemeinsam mit der AGJ anvisiert und eine Wissensplattform aufgebaut.

Teilprojekt der Hochschule Hannover

Im Teilprojekt der Hochschule Hannover geht es insbesondere um die Qualifizierung von Hilfeplanung der Jugendämter im Kontext der Bearbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt. In Gruppendiskussionen mit Teams des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD/KSD) werden die kollektiven Orientierungen von Fachkräften im Jugendamt adressiert. Von besonderem Interesse ist die Frage nach den Spezifika von Prozessen der Hilfeplanung und Beratung im Kontext von sexualisierter Gewalt – auch in inklusiven Settings. Die erhobenen Daten werden anhand der Dokumentarischen Methode ausgewertet.

Teilprojekt der Universität Hildesheim

Das Hildesheimer Teilprojekt ist unter dem Begriff Schutzkonzepte verortet. Mit einer bundesweiten Onlinebefragung werden Jugendamtsmitarbeitende bezüglich Schutzkonzepten und den eigenen Maßnahmen befragt. Zudem werden Arbeitstreffen mit dem kooperierenden Jugendamt durchgeführt mit dem Ziel, Qualitätsstandards für die Entwicklung und Implementierung von Schutzkonzepten in Jugendämtern zu erarbeiten.

Teilprojekt der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Im Teilprojekt der Westfälischen Wilhelms-Universität werden Wissensbestände zu problematischen Fallverläufen anhand von Jugendamtsakten rekonstruiert. In einer Stichprobe von drei Jugendämtern werden dafür Fallakten mit Bezug zu sexualisierter Gewalt explorativ anhand der (prozessorientierten) Dokumenten- und Einzelfallanalyse untersucht. Im Fokus steht dabei die Kooperation im Kinderschutz sowie in der Bearbeitung von Fallverläufen im Kontext sexualisierter Gewalt.

Kurzübersicht

  • Laufzeit: 01.10.2021 - 30.09.2024
  • Fakultät: Fak. V Soz.A Soziale Arbeit
  • Projektleitung: Prof. Dr. Martin Wazlawik
  • Projektmitarbeit: Lena Knaebe, M.A. und Felicia Grieser, M.A.
  • Drittmittelgeber: BMBF-Bundesministerium für Bildung und Forschung
  • Verbundpartner: Universität Hildesheim (Projektleitung: Prof. Dr. Wolfgang Schröer), Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Projektleitung: Prof. Dr. Karin Böllert)

Referenzliteratur

Balloff R. (2018): Der Fall in Staufen (LG Freiburg: Az. 6 KLs 160 Js 30350/17): Strafrechtlich relevante Garantenstellung und Garantenpflicht nur des Jugendamtes? In: Rechtspsychologie, Jg.4, Heft 4, S. 443- 455.

Fegert, Jörg M.; Schepker, Renate (2020): Kinderschutz 2020 – aktuell und bedeutsamer denn je. In: Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Jg. 48, Heft 5, S. 412- 415.

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